Die Tagesordnung der letzten Kreistagssitzung des Jahres war gut gefüllt: 36 Punkte hatten die Kreistagsmitglieder am gestrigen Dienstagnachmittag zu beraten, vor allem die Beschlussfassung über den Haushalt 2023. Aber der Reihe nach:
Abrechnungsaffäre
Gemeinsam hatten die Fraktionen der SPD, CDU, Grüne im Kreistag und FDP einen Antrag eingebracht, der die Neubesetzung des Vorsitzes des Ausschusses für Gesundheit und Verbraucherschutz forderte. Abgelöst werden sollte die bisherige Vorsitzende Monika Küpper, die seit Monaten rund um ihren Umgang mit der Abrechnung von Verdienstausfällen in der Kritik steht.
SPD-Fraktionsvorsitzender Hartmut Ganzke wurde zu Sitzungsbeginn deutlich: „Jeder Angeklagte oder Beschuldigte hat Anspruch auf Unschuldsvermutung. Worauf ein Angeklagter oder Beschuldigter wie kein Mensch auf der Welt einen Anspruch hat, ist, dass andere Menschen sein Verhalten goutieren, gutheißen, verstehen oder unterstützen. Wenn Kreistagsmitglieder zum Schutz der Institution Kreistag und des Vertrauens in die kommunalpolitische Demokratie entscheiden, eine Ausschussvorsitzende abzulösen, so hat das nichts, aber auch gar nichts mit dem Verstoß gegen die Unschuldsvermutung zu tun. Dies hat einzig und allein etwas damit zu tun, ob die überwältigende Mehrheit des Kreistages durch diese Person noch repräsentiert werden möchte und dazu sage ich klar für mich persönlich, für mich als Jurist und für meine Fraktion: Nein! Das Vertrauen ist schon lange zerstört.“ Der Antrag war nicht erfolgreich, da dafür die Zustimmung aller Fraktionen notwendig gewesen wäre. Die Fraktion Linke – UWG Selm unter ihrem Vorsitzenden Hubert Seier stimmte nicht zu. Pikant, da bei der Berichterstattung über die Abrechnungsaffäre auch der Name Hubert Seier immer wieder genannt wird.
Die vier Fraktionen haben daraufhin die vollständige Auflösung des Ausschusses beantragt und hierfür eine überwältigende Mehrheit gefunden. Anfang 2023 wird Landrat Mario Löhr mit den Fraktionen und Gruppen beraten, wie der Ausschuss neu besetzt werden kann.
Kreishaushalt 2023
Das der Kreishaushalt für das kommende Jahr in herausfordernden Zeiten beraten wurde, machte Hartmut Ganzke in seiner Haushaltsrede deutlich: „Die letzten Jahre waren durch die Corona-Pandemie geprägt, die immer noch zu unserem Alltag gehört. Sicherlich kaum einer hat erwartet, dass es mit der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar wieder einen Krieg mitten in Europa geben wird.“, führte der SPD-Fraktionsvorsitzende aus. Vor diesem Hintergrund habe die SPD den Haushaltsentwurf intensiv diskutiert. Die Auswirkungen der Pandemie und des Krieges seien eine enorme Belastung für die kommunalen Finanzen. Die SPD hatte daher gemeinsam mit der Fraktion GFL+WfU eine Resolution zu diesem Thema eingebracht, um auch als Kreistag ein Zeichen Richtung Bund, aber besonders Richtung Land zu senden. Ein Zeichen für eine auskömmliche und zukunftsgerichtete Kommunalfinanzierung! Wie fragil das jetzige System sei, sehe man am Bilanztrick der Landesregierung: hätte sie es den Kommunen nicht weiter ermöglicht, neben den Aufwendungen für die Pandemie nun auch die Kosten für den Krieg zu isolieren oder besser gesagt Schulden anzuhäufen, wären in NRW reihenweise Kommunen im sprichwörtlichen Sinne finanziell „abgesoffen“. Die Resolution wurde vom Kreistag beschlossen.
Seine Fraktion habe sich mit Anträgen zu diesem Haushalt stark zurückgehalten. Einerseits mit Blick auf die beschriebene finanzielle Lage der kommunalen Haushalte, andererseits, weil mit dem letztjährigen Haushaltsbeschluss sehr viele und umfangreiche Themen auf den Weg gebracht worden seien, wie zum Beispiel im Bereich Katastrophenschutz, beim Klimaschutz, der Mobilität oder für ein neues Integrationskonzept. „Allein die gerade benannten Themen werden uns auch im neuen Jahr 2023 politisch intensiv in der Umsetzung beschäftigen.“ (Beitragsfoto: iStock/Doucefleur)
UKBS bekommt mehr Geld für den Ausbau des klimaneutralen Wohnungsbestandes
Der SPD-Antrag, der kommunalen Unnaer Kreisbau- und Siedlungsgesellschaft mbH (UKBS) durch Kreditmittel 10 Millionen Euro für den Ausbau des klimaneutralen Wohnungsbestandes zur Verfügung zu stellen, wurde einstimmig angenommen. Die Dekarbonisierung des Gebäudesektors sei eine der größten Herausforderungen für einen nachhaltigen Klimaschutz. „Hier können wir als Kreis mit der UKBS maßgeblich voran gehen. Davon profitieren das Klima und die Mieterinnen und Mieter durch niedrigere Betriebskosten.“, zeigte sich SPD-Kreistagsmitglied Jens Schmülling über die deutliche Zustimmung des Kreistages erfreut, auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Ausschusses für Mobilität, Bauen und Geoinformation.
Solidarität zeigen – Rückführungen in den Iran weiter aussetzen!
Unter diesem Titel hatte die SPD gemeinsam mit der Fraktion Grüne im Kreistag einen Antrag eingebracht. Beide Fraktionen riefen die Kreistagsmitglieder auf, Solidarität mit den Menschen im Iran zu zeigen: Seit dem 16. September demonstrieren Menschen gegen die autoritäre Regierung im Iran – trotz eines extrem brutalen Vorgehens gegen die Demonstrierenden und verhängter und umgesetzter Todesurteile. „Ich würde mich freuen, wenn diesem Antrag gleich alle Mitglieder des Kreistages folgen würden – es wäre ein wichtiges und richtiges Zeichen der menschlichen und politischen Haltung, liebe Kolleginnen und Kollegen!“, bat Hartmut Ganzke die Kreistagsmitglieder um Zustimmung. Diese viel einstimmig aus – leider bei kompletter Enthaltung der CDU-Fraktion. (Beitragsfoto: iStock/Asiya Hotaman)
Pflegebedarfsplan und Pflege- und Wohnberatung
Der Kreistag beschloss auch den Pflegebedarfsplan 2022. Der Plan beschreibt die schwierige Lage im Pflegebereich auch für den Kreis Unna: die Zahl der zu pflegenden Menschen steigt und zeitgleich nimmt der Fachkräftemangel immer mehr zu. Mit dem Haushalt 2021 hatte die SPD bereits einen Antrag eingebracht, ein zu gründendes Bündnis für Pflege im Kreis Unna finanziell zu unterstützen. Vor dem Hintergrund der Pandemie hat der Kreistag mehrheitlich beschlossen, diese Förderung bis zum Ende 2023 fortzusetzen, aber auch Vorgaben formuliert, was politisch bis dahin erwartet wird.
In diesen Kontext passte auch die Verabschiedung einer neuen Rahmenvereinbarung für die Pflege- und Wohnberatung. Die Aufgabe wird gemeinsam vom Kreis Unna und den Wohlfahrtsverbänden wahrgenommen. Nach einem intensiven mehrstufigen Workshop-Prozess aller Beteiligten wurde in den vergangenen Monaten das Konzept überarbeitet. „Die neue Rahmenvereinbarung sieht auch 1,5 zusätzliche Stellen für die Beratungsangebote vor. Das begrüßen wir sehr, da die Nachfrage groß ist. Vor allem unterstützten wir so ältere Menschen, die länger in ihrer eigenen Wohnung bleiben wollen.“, betont SPD-Kreistagsmitglied Angelika Chur, die auch Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Inklusion und Familie ist.
Quelle: https://www.spd-kreistag-unna.de